John Martyn wird am 11. September 1948 geboren. Seine Eltern trennen sich schon früh und er wächst bei seinem Vater im urbanen Glasgow auf. Das innovative Spiel des Gitarristen Davey Graham wird zu einem prägenden Einfluss. Mit fünfzehn kauft Martyn sich seine erste akustische Gitarre und übt wie ein Besessener. Er will wie Davey Graham werden und Genre-Grenzen überwinden. Schon bald tritt er in den schottischen Folk-Clubs auf, eingeführt vom Folkbarden Hamish Imlach. Kurze Zeit darauf geht John Martyn nach London. Man schreibt das Jahr 1967. Die britische Metropole vibriert vor Musik – vor allem in Soho. Der neunzehnjährige Martyn ist dabei und er liebt das Leben in der Londoner Folk-Bohème. Seine brillante Gitarrentechnik erregt sofort Aufsehen und der mächtige Produzent Chris Blackwell nimmt ihn für sein Label Island unter Vertrag. Zwei vergleichsweise konventionelle Solo-LPs erscheinen, dann trifft Martyn die Sängerin Beverley Kutner. Die beiden werden ein Duo und heiraten. Nach zwei gemeinsamen Alben (zum Teil aufgenommen in Woodstock mit US-Musikern wie Levon Helm von The Band) ist jedoch Schluss mit den Duo-Aktivitäten des Ehepaars Martyn. Mit seiner wilden Kreativität stellt John die sanfte Partnerin zusehends in den Schatten und Beverley zieht sich frustriert von der Musik-Szene zurück. John dagegen beginnt eine kreative Reise von außerordentlicher Intensität. Mit innovativen Alben wie „Solid Air“ und „Inside Out“ präsentiert er seine neue Musik der Öffentlichkeit. Er wandelt sich dabei von einem Folk-Genrekünstler zu einem reinen Ausdruckskünstler. Martyn hört viel Jazz, setzt seine Stimme wie ein Saxophon ein, und kreiert so einen betont individuellen Sound zwischen Folk, Blues und Jazz. Oft schonungslos autobiographisch, stets auf unmittelbare Intensität und Emotionalität fixiert. Aus dem jungen Sunnyboy wird dabei eine Person, deren widersprüchliches Auftreten zwischen sanfter Verträumtheit und alkoholgeschwängerter Extrovertiertheit verstört und fasziniert.
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