Lester Quitzau – kein alltäglicher Name für einen Kanadier und das Nicht-Alltägliche setzt sich fort in seiner Musik. Hierzulande als Blues- und Slide-Experte des Gitarrentrios TRI/CONTINENTAL bekannt geworden, kann dieser wunderbare Gitarrist und Sänger in seiner Heimat auch auf eine erfolgreiche und preisgekrönte Solo-Karriere zurückblicken. Dies ist Solo-Album Nr. 3 von Quitzau. Eingespielt mit seinem „Very Electric Trio“ zeigt er hier sämtliche Facetten seines großen Könnens, wobei sein Spiel zu keiner Phase von Klischees geprägt ist, sondern von Sensibilität und Können. Dabei transportiert sie einen tollen Groove und jede Menge Emotion. Lester Quitzau – das ist ein Synonym für authentische, intensive und kraftvolle Blues/Roots-Musik pur in der Nachfolge von Ry Cooder!
Lester WHO? Lester Quitzau – kein Name, der einem anglo-amerikanischen „native speaker” locker über die Lippen käme und auch deutsche Zungen sind wohl bei diesem Namen zunächst eher widerspenstig. Aber der linguistische Widerstand erlischt rasch, hört man erst einmal die Musik dieses Kanadiers mit der niederländisch-dänischen Ahnenreihe. Denn Lester Quitzau (sprich: „Kuitzau”) ist ein beeindruckender Blues/Roots-Musiker, dessen besondereTalente sich beim Hören dieser CD rasch offenbaren.
SO HERE WE ARE – das klingt wie: es war ein langer Weg bis zu diesem Punkt, aber es ist gut, ihn erreicht zu haben. Befriedigte Erleichterung mischt sich – bei aller Zurückhaltung – mit dem Gefühl, etwas Gutes geschaffen zu haben. Aber wenn man ein stiller und bescheidener Zeitgenosse ist, fällt das Prahlen schwer, und Lester Quitzau fällt eindeutig in diese für das Musikbusiness eher unvorteilhafte Kategorie. Er ist ein zurückhaltender Typ – es sei denn, man drückt ihm eine Gitarre in die Hand. SO HERE WE ARE ist sein erstes Soloalbum auf T & M und ein Werk mit nachhaltig beeindruckender Blues/Roots-Musik. Widerspruch zu dieser Behauptung ist zwar erlaubt, doch wer zwei gesunde Ohren am Kopf hat, dem kann eigentlich die Qualität dessen, was der Blues-Experte von TRI/CONTINENTAL mit diesem dritten Solo-Album abliefert, nicht entgehen.
„The Very Electric Trio” nennt Lester Quitzau seine Band, bestehend aus ihm selbst, Lyle Molzan (Drums, Gesang) und Greg Johnston (Bass, Gesang). Die Klischeevorstellung „Power-Trio” läßt einen ungehobelten und rauen Sound befürchten – falsch und richtig. „Very Electric” heißt hier soviel wie: viel elektrische Energie, ein unter die Haut gehender Groove, wohl dosierte Intensität. Nichts davon geht mit blindem Volldampf ab in die altbackene „Blues-Power-Trio”-Abteilung. Können, Intelligenz und Leidenschaft gehen dagegen eine Verbindung ein, die niemanden beleidigt und einen Geschmack befriedigt, der sich im Dschungel der Blues-und Rock-Klischees einen Sinn für Detail und Individualität bewahrt hat.
Zu den Fakten: Dies ist Solo-Album Nr. 3 des Gitarristen, Sängers und Songwriters aus Edmonton/Kanada. KEEP ON WALKING war sein noch rein akustisches CD-Debut und bereits das elektrische 98er Album A BIG LOVE wurde in Kanada für einen JUNO-Award als bestes Blues-Album nominiert. Zwei Jahre später gewann das TRI/CONTINENTAL-Debut dazu noch den Titel „bestes Roots Music-Album“. Doch um Preise wird es Lester Quitzau wohl kaum primär gehen, denn er ist ein Bluesmann im besten Sinne des Begriffs: ein Musiker, der seine Emotionalität aus einer nie versiegenden Quelle namens „Blues“ gewinnt, dabei aber nie an einen Punkt selbstzufriedener Gelassenheit gerät. Lester Quitzau ist ein Mann unter Spannung, auf der Suche nach Intensität und Magie. SO HERE WE ARE macht exakt diesen Prozeß hörbar – Kreativität pur.
Wie sagte schon Altmeister Bob Dylan: jeder Musiker mit Kenntnis und Gefühl für die musikalischen Traditionen wird letztlich ungleich ausdrucksstärker sein als ein musikalischer Handwerker im geschichtlich luftleeren Raum. Lester Quitzau erweist der Tradition hier gleich mehrfach seine Reverenz. Gleich der Opener „Rollin’ and Tumblin’” verpasst der klassischen Muddy Waters-Nummer einen neuen Groove und „Honey Bee” wird umfunktioniert als Einleitung zu einem gefühlvollen Quitzau-Original – dem Titelstück.
Lester Quitzau und seine Band sind auf diesem Album funky („Heart and Soul”), clever („So Here We Are”), nachdenklich („Broken Heart”), intensiv („Release Me”), cool („Devil’s Dues”), druckvoll („Home On The Range”) und gefühlvoll („Time Takes Time”). Kontrollierte Intensität, musikalische Intelligenz, und einen guten Groove gibt es durchweg. Und viel mehr braucht man doch eigentlich nicht, oder?