Taj Mahal’s zweites Eintauchen in die Musik Hawaiis fährt genau dort fort, wo er mit „Hula Blues” aufgehört hat. Mo’ Roots – Musik aus dem Geist tief empfundener Menschlichkeit sowie eine Erinnerung an die seelenvolle Kraft authentischer Roots-Musik. Neue Originale von Mahal und einige wunderbare Covers klassischer Songs von Bob Dylan, Richie Havens und Mississippi John Hurt finden wie selbstverständlich zu einem neuen schlüssigen Ganzen zusammen im stets gut gelaunten kollektiven Geist des „Hula Blues”. Neue Musik eines einzigartigen Künstlers, dessen Kreativität sich wie auf wundersame Weise ständig zu erneuern scheint.
TAJ MAHAL – Vocals, Acoustic Guitar_
PONCHO GRAHAM – Acoustic Bass,
KESTER SMITH – Drums_
PAT COCKETT – Liliu Ukulele, Vocals on „Moonlight Lady
MICHAEL BARRETTO – Baritone Ukulele
WAYNE JACINTHO – Tenor Ukulele, Vocals on „Livin on easy“
FRED LUNT – Hawaiian Steel Guitar_
RUDY COSTA – Tenor Saxophone, Curved Soprano, Kalimba, Piccolo Flute, Alto Saxophone, ClarinetCARLOS ANDRADE – Slack-Key Guitar, vocals on „Moonlight Lady“_
Aufgenommen: 14. bis 16. August 2000 im Moments, Bremen und am 17. February 2000 im Messenger Studio, Kauai, Hawaii
„The songs here are showcasing what can happen when like-minded people from different backgrounds (here we have Afro-Caribbean, Afro-American, Pacific Islander, Portugese and other European ancestries) are creating a cultural blend full of joy, love and harmony. At its very core it is the exiting universal language of music. Some songs are new and written with the group in mind, others are songs you’ve heard in Southern blues style.“
TAJ MAHAL
Dieses Motto stellte Taj Mahal seiner erfolgreichen ersten hawaiianischen Platte vorweg (Taj Mahal & The Hula Blues, 1997, T & M 009/Indigo) und es ließe sich problemlos auch als Vorwort für die neue Produktion HANAPEPE DREAM verwenden. „Never change a winning concept“, so möchte man das beliebte Sportlermotto über den Wert eines erfolgreichen Teams fast abwandeln, denn das Konzept der ersten Produktion hatte sich als so geschlossen und gut erwiesen, daß schon der Instinkt gebot, die Dinge so entspannt laufen zu lassen, wie schon beim ersten auf CD dokumentierten Ausflug Mahals in die musikalische Kultur Hawaiis. Im übrigen ist Taj Mahal heute wieder so oft wie möglich auf Hawaii, wo er seit Anfang der 80er Jahre immerhin mehr als ein Jahrzehnt lang auf der Insel Kauai lebte.
Nach seinen jüngsten Ausflügen in verschiedene Blues- und R’n’B-Welten ist er also zurückgekehrt zum unnachahmlichen Sound der Hula Blues Band. 1999 und 2000 tourte diese Formation gut gelaunt durch den abwechselnd naßkalten oder angenehm warmen mittel- und nordeuropäischen Sommer und hinterließ bei ihren zahlreichen Konzerten stets ein begeistertes Publikum. Warum das so ist wird klar, wenn man Mahal’s Meinung zum Wesen der hawaiianischen Musik liest:“Von zwei Dingen werden sich die Menschen nie trennen so lange die Welt funktioniert wie heute – Musik und Essen. Das ist für mich völlig klar. Von der traditionellen Rolle her betrachtet, also aus meiner Position als Teil einer Ahnenreihe, gibt es für die Leute hier ihre Familie, ihre Arbeit, und die Dinge, die Du zum Vergnügen tust… Musik ist auf Hawaii überhaupt nicht von den anderen Lebensbereichen getrennt. Sie ist Teil des Lebens, der Sprache, eine Erweiterung des Lebensstils, wenn man so will.“ Diese Eingebundenheit der Musik in das soziale Leben scheint ihr wie selbstverständlich eine besondere Qualität zu verleihen. Eine tiefe Seele, welche jedoch in der Vergangenheit nur zu oft unter die Räder der US-Kulturindustrie und der ihr innewohnenden Tendenz zu oberflächlicher Kommerzialisierung geriet.
Ist also das vielbeschworene „Hula-Syndrom“ lediglich ein Synonym für Lebensfreude und Spaßkultur à la Hawaii oder vielleicht doch mehr? Am Anfang des schönen Dokumentarfilms „Kuma Hula“ von Robert Mugge über die Kulturgeschichte Hawaiis jedenfalls findet sich eine sehr eindeutige Definition dieses Begriffs: „Der Hula ist der Tanz des hawaiianischen Volkes und war es seitdem die ersten Polynesier um 500 A.D. auf der Insel eintrafen. Die Chants und Tänze der Hula-Tradition sind über Generationen von den Kahuma (Priestern und Altersweisen) und den Kuma Hula (Lehrmeistern) weitergegeben worden“. Dieser sozial- und kulturgeschichtliche Aspekt hawaiianischer Musik wurde in der Vergangenheit gern ignoriert, wenn es um die Vermarktung der touristischen Klischees vom Pazifikparadies ging. Naive Fantasien über eingeborene Schönheiten und pazifische Palmenstrände gehörten immerhin seit Jahrzehnten zum Standardrepertoire von Nachtclubs in den USA, Asien und auch Europa. Wie es jedoch letztlich zur Identifikation des „Hula“ als Synonym für Hedonismus und leichtes Leben kam, ist eine durchaus komplexe Geschichte — Taj Mahal wird sie gut kennen und eine kritische Meinung darüber haben.
Denn das Bewußtsein von Henry St. Clair Fredericks für multikulturelle Zusammenhänge dieser Art ist hoch entwickelt. In seiner mehr als 35jährigen Karriere hat der in Massachussetts aufgewachsene Allround-Musiker mehr als einmal gezeigt, wie sehr die unterschiedlichsten Spielarten afro-amerikanischer Musik für ihn miteinander verknüpft sind und welche Position er persönlich — als Kind karibischer und afro-amerikanischen Herkunft — dabei einnimmt: die eines Bewahrers, Vermittlers und Katalysators. Auch die „Hawaiian slack-key music“ zählt zu seiner bevorzugten Musik. Speziell in den letzten Jahren ist es Mahal und anderen Enthusiasten wie dem Gitarristen Bob Brozman und auch George Winston (als Chef des Dancing Cat-Plattenlabels) gelungen, großes Interesse für diese besondere Art von fingerstyle Gitarrenmusik zu wecken; einer Spielweise, die sich durch die Verwendung besonders zahlreicher open tunings auszeichnet. Die führenden Interpreten des „Goldenen Zeitalters“ der klassischen slack-key Musik vor 1935 (Sol Hoopii, Roy Smeck, King Benny Nawahi) gelten heute immerhin als Innovatoren von hohem Rang. Taj Mahal ist diesbezüglich eine kundige Quelle des Wissens. Und noch immer ist Taj Mahal ein Künstler von außerordentlicher persönlicher und künstlerischer Integrität. Sein zentrales Thema: die Vermittlung der Seele von schwarzer Musik und schwarzen Bewußtseins.
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<b>HANAPEPE DREAM — DAS ALBUM</b>
Wie auch auf dem Vorgängerwerk, spielt Taj Mahal hier mit seiner Gang hawaiianischer Freunde zusammen, deren Zusammenhalt sich nicht nur auf die Musik erstreckt. Man geht besonders gern gemeinsam fischen und Mahal ist immer bereit, seine legendären Kochkünste in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen… Im organischen Gruppensound stets präsent sind neben Sopran-, Tenor- und Bariton-Ukulele erneut Saxophon, Klarinette, Flöte und natürlich die Hawaiian Steelguitar -Instrumente von zentraler solistischer und atmoshärischer Bedeutung. Das Repertoire? Wiederum ein wunderbarer Mix aus Bekanntem und Neuem:
Schon der erste Track GREAT BIG BOAT weist den Weg in pazifische Gefilde mit einem stimmungsvollen Einsatz des Hula Blues-Ukulelenensembles und schönem Sopran-Sax. Der karibisch-pazifisch angehauchte Reggae-Groove dieses Mahal-Originals setzt sich leicht variiert fort auf einer neuen Adaption des Traditionals BLACKJACK DAVEY. Auch Carlos Andrade und Pat Cockett von der hawaiianischen Band Napali sind wieder dabei und neben Taj Mahal als Sänger auf MOONLIGHT LADY zu hören. Calypsoklänge bestimmen Mahal’s neue musikalische Umsetzung des traditionellen Texts KING EDWARD’S THRONE.
Einem alten Freund und Kollegen aus der Ostküsten-Folkszene erweist Taj Mahal mit AFRICAN HERBMAN respektvoll Reverenz — Richie Havens. Weitere exzellente Cover-Versionen: eine sehr intensive neue Interpretation von Bob Dylan’s ALL ALONG THE WATCHTOWER, die fast liebevoll zu nennende Version von Mississippi John Hurt’s MY CREOLE BELLE sowie ein Klassiker aus Mahal’s Bluesrepertoire: STAGGER LEE. Das humorige Mahal-Original BABY, YOU’RE MY DESTINY transportiert gewissermaßen ein unter Palmen verpflanztes New Orleans Jazzfeeling und die Vorzüge des entspannten Lebens auf Hawaii vermitteln sich besonders auf dem bereits erwähnten Traditional LIVING ON EASY sowie natürlich dem abschließenden Titeltrack HANAPEPE DREAM — einem Instrumental wie ein hawaiianischer Tagtraum. Insgesamt bringen Taj Mahal & The Hula Blues Band hier ein Repertoire, in dem die verschiedensten Facetten der komplexen künstlerischen Identität von Taj Mahal auftauchen. Wie selbstverständlich fließen sie zu einem neuen schlüssigen Ganzen zusammen.
Taj Mahal And The Hula Blues Band sind mit HANAPEPE DREAM wieder dort gelandet, wo sie sich am wohlsten fühlen — mitten im Leben. Auch wenn Angelrute und Hängematte integrale Bestandteile dieses für Mitteleuropäer so fernen Lebensstils sind, die Musik auf HANAPEPE DREAM funktioniert überall dort, wo man weiß zu leben. HANAPEPE DREAM präsentiert neue Musik eines Künstlers, dessen Kreativität sich wie auf wundersame Weise beständig zu erneuern scheint. Wie bemerkte Taj Mahal doch selbst abschließend in seinem Vorwort zu HULA BLUES: „These are the words — now listen and, if you will, please enjoy the music — Peace and Good Vibes.“ Dem bleibt nichts hinzuzufügen.