Sein erstes Soloalbum erschien bereits 1963, doch erst 1999 gab es erstmalig Konzerte von Geoff Muldaur in Europa. BEAUTIFUL ISLE OF SOMEWHERE dokumentiert Muldaurs wunderbares Bremer Konzert im „Moments“ Club und ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Nicht nur präsentiert sich der amerikanische Sänger, Komponist und Gitarrist hier auf seinem künstlerischen Zenit in punkto Handwerk, seine neuen Interpretationen des meist traditionellen Songmaterials aus Blues, Folk, Gospel und Jazz erreichen dazu eine seltene Intensität und Eindringlichkeit. Seine beiden Duoalben mit ex-Ehefrau Maria sind Klassiker und sein Name hat Gewicht in den Annalen US-amerikanischer Musikgeschichtsschreibung, doch so gut wie hier hat man diesen amerikanischen Sänger selten zuvor gehört. Ein bemerkenswertes Comeback nach 18 Jahren Abstinenz vom Musikgeschäft von einer großen Persönlichkeit der US-amerikanischen Roots-Szene mit akustischer Musik für die Ewigkeit.
„Ein zutiefst inspiriertes und bewegendes Konzert.“ (Weser-Kurier)
Das bekannteste Zitat über Geoff Muldaur stammt aus dem Munde der britischen Folkrock-Legende Richard Thompson: „There are only three white blues singers, and Geoff Muldaur is at least two of them“. Natürlich schwingt in dieser Aussage der skurrile Humor des Briten mit — dennoch: je mehr man sich mit der Musik und der Karriere von Geoff Muldaur beschäftigt, desto mehr gelangt man zu der Einsicht, es hier mit einer der ganz großen Persönlichkeiten der US-amerikanischen Roots-Szene zu tun zu haben. Dass ihn hierzulande nur noch einige wenige Experten zu kennen scheinen, liegt vor allem an einem langjährigen freiwilligen Exil Muldaurs von der Musikszene. Achtzehn Jahre lang veröffentlichte Geoff Muldaur keine Alben und trat auch kaum öffentlich auf. Erst mit den Alben „The Secret Handshake“ (1998) und „Password“ (2000) kehrte er Ende der neunziger Jahre zurück. Im Zuge dieses Comebacks kam er erstmalig auch für einige Auftritte nach Europa. Im Bremer Club „Moments“ gab er ein Solo-Konzert, welches ein Rezensent der Bremer Lokalpresse jubilierend als „ein zutiefst inspiriertes und bewegendes Konzert“ beschrieb. Den Mitschnitt dieses Auftritts vom 30. Mai 1999 veröffentlicht nun TRADITION & MODERNE unter dem Titel BEAUTIFUL ISLE OF SOMEWHERE. Mit dieser a cappella vorgetragenen Methodisten-Hymne aus dem Jahr 1897 beendete Geoff Muldaur einen Abend, der allen Anwesenden als intensives und unvergessliches Konzerterlebnis im Gedächtnis bleiben wird.
Geoff Muldaur ist eine der großen Stimmen aus der Folk- und Bluesszene der amerikanischen Ostküste. Dort entstand in den frühen sechziger Jahren um die Zentren Cambridge, Massachussetts, und Woodstock, New York, eine Szene, von der nachhaltige Impulse für die gesamte amerikanische Musik ausgehen sollten. Nicht nur fanden hier mit Bob Dylan und Joan Baez zwei maßgebliche Stimmen der amerikanischen Bürgerrechts- und Protestbewegung eine künstlerische Heimat, daneben gab es viele andere wie Eric Von Schmidt, Tom Rush, Eric Andersen oder Richard & Mimi Fariña. Aus den Wohnzimmern und Coffeehouses dieser Szene wurde ein Folk- und Blues-Repertoire in die Welt getragen, das noch heute Magie und Bedeutung transportiert. Diese Ehrlichkeit und Vitalität von Folk und Blues wurde dazu später mit der elektrischen Energie des städtischen Blues und des Rock’n’Roll kombiniert und es entstand eine neue Form populärer Musik — Rockmusik als gegenkulturelle Kraft. Auch Geoff Muldaur war in dieser Hinsicht ein musikalischer Agent und Kommunikator. Heute zählen seine Interpretationen traditioneller Folk-, Blues-, Jazz-, Ragtime- und Gospelsongs zum eindringlichsten, was die amerikanische Roots-Szene zu bieten hat.
BEAUTIFUL ISLE OF SOMEWHERE liefert nun endlich diese souveräne Meisterschaft von Geoff Muldaur auch auf einer Live-CD und zwar solo — pur und unverfälscht. Das Repertoire ist typisch Muldaur — eine erlesene Auswahl von Folk, Blues, Jazz und Gospelsongs, die er mit kunstvoller Zurückhaltung, Subtilität und Kraft singt und spielt. Die Bandbreite reicht von einem vertonten Gedicht von Tennessee Williams („The Common Cold“) über einen „Moan“ aus der Vor-Blues-Ära von Vera Hall („The Wild Ox Moan“) bis hin zu einem Gospelblues von Blind Willie Johnson („Trouble Soon Be Over“) oder einem Countryblues von Sleepy John Estes („Drop Down Mama“). Geoff Muldaur gelingt dabei ein Kunststück: einerseits trägt er dieses äußerst vielfältige Repertoire mit einer liebe- und respektvollen Haltung gegenüber der Tradition vor, andererseits passiert es wie selbstverständlich, dass dieses Jahrzehnte alte Material sanft in die Gegenwart geholt wird. Dabei bleibt Muldaur völlig entspannt und effektiv — Understatement mit Seele, gewissermaßen.
Die große Kunst von Geoff Muldaur ist es, tiefe und eindringliche Musik zu kreieren auf eine Art, die an Ursprüngliches rührt und gleichzeitig fast leichtfüßig daherkommt. Auf leisen Sohlen, mit Sanftheit und Würde. Dabei wird Muldaur nicht zum Kopisten afro-amerikanischer Originale, sondern schafft vor dem Kontext seiner Repertoireauswahl und mit den Möglichkeiten seiner Stimme und seines Gitarrenspiels etwas ganz Eigenes. Die Stimme und die Gitarre von Geoff Muldaur tragen diese Songs mit allen ihren Nuancen auf souveräne Art und Weise. Bleibt zu hoffen, dass er sich noch einmal auf den Weg nach Europa machen wird, denn Wiederholung tut in diesem Falle wohl not.
BEAUTIFUL ISLE OF SOMEWHERE bietet akustische Roots-Musik für die Ewigkeit — nicht mehr und nicht weniger.