Christopher Becker Whitley wird am 31. August 1960 in Houston, Texas, geboren, als Sohn rastloser, künstlerisch begabter Eltern: seine Mutter Bildhauerin und Malerin, sein Vater künstlerischer Leiter in Firmen der Werbebranche. Die Familie reist viel umher, vor allem im amerikanischen Südwesten. Die Bilder und Landschaften des amerikanischen Südens prägen die Vorstellungskraft des jungen Chris Whitley und finden später Eingang in seine Songs. Im Radio hört die Familie Whitley vor allem schwarzen Blues, Bluesrock und Psychedelia – prägende Einflüsse in musikalischer Hinsicht. Jimi Hendrix wird das erste große Idol von Chris, der mit vierzehn Jahren die erste Gitarre bekommt. Schon bald entdeckt er seine Liebe zum Sound alter „National“-Resonatorgitarren, den metallenen Instrumenten der alten Bluesleute.
Mit siebzehn Jahren kommt Chris Whitley in die Stadt, die seinen weiteren Weg prägen wird: New York City. Er spielt auf der Strasse und in Clubs wie „CBGB’s“. Ein belgischer Reiseagent wird zum Fan und bietet dem am Hungertuch nagenden Musiker ein Flugticket nach Europa. Chris Whitley akzeptiert und bleibt zehn Jahre in Belgien. In Brüssel spielt er in Bands und gründet mit seiner belgischen Frau eine Familie. Tochter Trixie wird 1987 geboren – heute ist auch sie eine talentierte Musikerin. 1988 geht Chris Whitley mit seiner jungen Familie zurück nach New York. Er arbeitet tagsüber in einer Fabrik, schreibt Songs und entwickelt seinen Sound. Eine Begegnung mit dem kanadischen Produzenten Daniel Lanois verhilft ihm zum Durchbruch. Das erste Album „Living With The Law“ wird vom „Rolling Stone“ zum besten Debut des Jahres 1991 gekürt, Whitley spielt als Support für Bob Dylan und Tom Petty, wird zu einem gefragten Studiogast bei Produktionen von Cassandra Wilson, Shawn Colvin und vielen anderen.
Doch Chris Whitleys Leben und Karriere verlaufen nicht geradeaus. Seine Ehe scheitert, er lehnt es ab, den Blues/Roots-Sound seines Debut-Albums zu einer Erfolgsformel zu machen. Den auf ständige Weiterentwicklung bedachten Musiker Whitley zieht es in musikalisch rauere Regionen. Er experimentiert mit harscheren Klängen und wird ein Blues-Avantgardist, ein Künstler von hoher Glaubwürdigkeit auch für Alternative Rocker und Punk-Intellektuelle. Diese Entwicklung weg vom Mainstream katapuliert ihn gleichzeitig aus der kommerzorientierten Welt der Major Labels heraus. Chris Whitley wird zu einem Independent-Künstler, der sich nur seinen eigenen kreativen Visionen verpflichtet fühlt. Diverse Indie-Labels werden zur neuen Heimat und Whitley veröffentlicht bis zu seinem Tode eine große Zahl interessanter und aufregender Alben. Seine Tourneen führen ihn immer wieder nach Europa, wo man offen für die Musik des freigeistigen Bluesmanns Chris Whitley ist. Im Jahr 2002 verlagert er seinen Lebensmittelpunkt schließlich nach Dresden. Eine Deutsche wird zur neuen Lebenspartnerin und zur Inspirationsquelle für Whitleys neue Musik, z.B. die jazzig-akustischen Stimmungsbilder des Albums „Hotel Vast Horizon“. Auch Trip-Hop-Experimente hört man auf Whitleys Alben: Ausdruck einer individuellen und unkonventionellen Auslegung der Bluestradition.
Chris Whitley starb im Alter von nur 45 Jahren am 20. November 2005 an Krebs